Der Kohleausstieg und die aktive Begegnung des Klimawandels machen nicht an Landesgrenzen halt. Deshalb wird auch in diesen Themenfeldern die internationale Zusammenarbeit verstärkt. Der Austausch mit internationalen Partnern spielt auch besonders für die Lausitz eine entscheidende Rolle.
Eines vorneweg: Es gibt eine zentrale Anlaufstelle, um den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den insgesamt 41 europäischen Kohleregionen zu fördern. Das ist die EU-Kohleplattform, gegründet 2017 in Straßburg. Ein bedeutendes Ergebnis dieser Initiative ist die Konferenz "Annual Political Dialogue", die dieses Jahr in Velenje, Slowenien, stattfand. Sven Tischer, Referent der Staatskanzlei des Landes Brandenburg, vertrat dort die Lausitz. 170 Teilnehmende waren angereist, um wertvolle Einblicke zu gewinnen und ihr Wissen zu teilen. Das große Ziel: gemeinsam Lösungen für eine nachhaltige Zukunft zu entwickeln und umzusetzen. So zeigt sich die Lausitz in Europa.
Velenje liegt ungefähr 70 Kilometer nordöstlich der Landeshauptstadt Ljubljana. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Velenje zu einer modernen Industrie- und Bergbaustadt. Heute steht die Region, ähnlich wie die Lausitz, in Folge des geplanten Kohleausstiegs vor großen Aufgaben. Die Rede ist von der Schaffung von 5000 Arbeitsplätzen und dem Bau von 400 Wohnungen. „Es ist faszinierend, denn Velenjes Strukturwandel gleicht einer Blaupause der Lausitz“, erzählt Sven Tischer. Weiter führt er aus: „Es gibt sehr viele Gemeinsamkeiten. Generell die Bestrebungen Energiesicherheit herzustellen, die Suche nach Speichermöglichkeiten und die energetische Optimierung von Gebäuden. Und dann stehen wir auch vor einer ähnlichen Herausforderung neue Arbeitsplätze zu schaffen und gleichzeitig eine entsprechende soziale Infrastruktur für die Bevölkerung bereitzustellen. Dort sind genauso auch Kindergärten und der soziale Wohnungsbau ein wichtiges Thema, ebenso die Entwicklung der Freizeitgestaltung in ihrer Region. Genau dieser Dreiklang zwischen Wirtschaftsentwicklung, Fachkräftesicherung und sozialer Attraktivität der Region verbindet uns.“
Das ist der große Unterschied zwischen der Lausitz und Slowenien
Im Vergleich zur Lausitz hat Velenje jedoch nicht die gleichen finanziellen Mittel zur Verfügung. Die Lausitz profitiert von erheblichen Bundesmitteln durch das Investitionsgesetz Kohleregionen: gut 10 Milliarden Euro stehen allein für die brandenburgische Lausitz bereit. Im europäischen wie im internationalen Vergleich fällt auf, wie einzigartig diese finanzielle Förderung ist und welchen Mehrwert sie für die Entwicklung der Lausitz bietet. Das slowenische Velenje muss beispielsweise mit viel geringeren Ressourcen arbeiten, was sich auf die Geschwindigkeit und die Vielfalt der Umsetzungen auswirkt.
Das zeigt sich beispielsweise auch in der Öffentlichkeitsarbeit: „In Slowenien ist es eine große Herausforderung, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu gewinnen und über den Wandel aufzuklären. Das gleiche Ziel haben wir ja auch, deshalb gibt es zum Beispiel die Imagekampagne ‚Die Lausitz. Krasse Gegend.‘ Aber im Raum Valenje ist es schwieriger, die Öffentlichkeit mitzunehmen, weil dort viel weniger finanzielle Mittel und Akteure dafür zur Verfügung stehen“, so Sven Tischer. Diese Situation macht deutlich, welche bedeutende Rolle die finanzielle Strukturwandelförderung in Deutschland spielt. Das Strukturstärkungsgesetz schafft die Möglichkeit, im Vergleich zu vielen anderen Ländern hat die Lausitz somit einen erheblichen Vorteil.
Beste Beispiele aus der Praxis: Geothermie, Chesco und die Medizinerausbildung
Bei der Konferenz in Velenje haben verschiedene Länder Praxisbeispiele vorgestellt, wie sie die Transformation angehen. Dabei wurden Themen wie Verarmung und steigende Wohn- und Energiekosten besprochen. Neben dem fachlichen Input werden Kontakte geknüpft und Synergien aufgebaut - was für die Umsetzung von Strukturwandelprojekten essenziell ist.
Sven Tischer berichtet, wie die Lausitz durch solche Veranstaltungen bereits Verbindungen zu Ländern wie Estland, Polen, Tschechien, Frankreich und Nordengland aufbauen konnte. „Unser Ziel ist es, Kontakte zu ähnlich strukturierten Regionen aufzubauen, um gemeinsam zu analysieren, was wir anders, besser oder schlechter machen, um uns darüber auszutauschen.“ Die polnische Stadt Konin ist beispielsweise in der Nutzung von Geothermie sehr fortgeschritten. 2023 besuchte eine Lausitzer Delegation die Stadt, um erste Eindrücke vor Ort zu sammeln. Zukünftig könnten beispielsweise auch Bürgermeisterinnen und Bürgermeister dorthin fahren und sich austauschen, um das Thema in der eigenen Stadt voranzubringen.
Besonders aktuell ist auch der Austausch mit Estland. Dort wird seit Jahrzehnten großindustriell Ölschiefer abgebaut und genutzt. Im Mai 2024 bereisten der Lausitzbeauftrage Dr. Klaus Freytag und Sven Tischer die Stadt Tallinn, um sich vor Ort über die Transformation von Bergbauregionen auszutauschen. Diese gemeinsamen Themen stärken die Bedeutung des Austauschs, um gemeinsam Lösungen zu entwickeln und den Strukturwandel auf europäischer Ebene erfolgreich zu gestalten.
Das zeigt der Austausch für die Lausitz
Eines zeigt der Vergleich mit anderen Ländern immer wieder: Bei uns in der Lausitz geht es gut voran. Große Projekte, wie die Eröffnung des neuen Bahnwerks, der Chesco Forschungsfabrik und die Gründung der Medizinischen Universität Lausitz bringen ganz Europa zum Staunen – und das sind nur drei Beispiele von bisher 76 IMAG-bestätigten Projekten. Tendenz steigend.