Logistik in der Lausitz: So kreativ nutzen Unternehmer den Strukturwandel-Fördertopf
LION-Group aus Forst spielt auf dem Weltmarkt mit. Von eins auf 85 in 20 Jahren – so lässt sich das Wachstum der LION-Group in Forst/Lausitz auf den Punkt bringen. Gründer und Geschäftsführer Sven Noatzke startete vor zwei Jahrzehnten als One-Man-Show, beschäftigt mittlerweile 85 Mitarbeiter:innen in mehreren Unternehmenszweigen und -säulen. Immer auf Achse, setzt er neue Ideen um und nutzt Chancen, wenn sie sich bieten. Mit dem Förderprogramm „Unternehmen Revier“ hat er aus Bundes-Strukturwandelgeldern eine Lücke im Angebot gefüllt, die auf scheinbar „kleine“ Kundenwünsche eingeht und dabei die Umwelt wie den Geldbeutel schont.
Es richtet sich an diejenigen, die Ware per Container verschicken wollen, aber vor einem Problem stehen: Das Handelsgut ist dafür vom Umfang her eigentlich zu klein. Die Wirtschaftlichkeit steht schnell in Frage, wenn der Transport am Ende die Produktkosten übersteigt, weil der Container mit dem einen Teil beziehungsweise aktuellen Umfang nicht voll wird. Vor allem, wenn es beispielsweise nach Fernost gehen soll. LION Logistik befördert Güter im Kundenauftrag nicht selten nach China.
Ein IT-System, das an bekannte Booking-Portale erinnert, macht es möglich, auch kleinere Technologiegüter per Container zu verschiffen. Die überarbeitete Website samt neuem Computersystem bietet an, die Ware auch gleich zu verzollen. Die Kund:innen geben die entsprechenden Daten als Anfrage direkt auf der LION-Website ein, bekommen ein Angebot und können sich auf dieser Basis für die Dienstleistung entscheiden.
Das neue Angebot kommt an: Täglich erreichen LION dazu Anfragen aus Deutschland und aus ganz Europa. Während im Export eher Technologiegüter im Vordergrund stehen, sind es im Import ganz allgemein Handelsgüter aller Art, wie sie sich etwa in der Produktpalette von Amazon spiegeln.
Umgesetzt werden konnte diese Idee über den Kontakt zu Norman Müller, Bereichsleiter für das Förderprogramm „Unternehmen Revier“ bei der Wirtschaftsregion Lausitz. Dieser Topf ist genau dafür da, solche Projekte in die Wirklichkeit zu bringen – mit fachlicher Unterstützung und einem weit verzweigten Netzwerk im Hintergrund, das Norman Müller über die Jahre aufgebaut hat. Im konkreten Fall zogen LION, der Landkreis Spree-Neiße und die Wirtschaftsregion an einem Strang.
Das Konzept der individuell steuerbaren Seefracht ist eine von drei wichtigen Säulen der LION Group mit Standorten in Forst, Kodersdorf und in der Ukraine, in die sehr viele Erntemaschinen geliefert werden. Die Landmaschinen sind Teil der Spezialtransportschiene, mit der sich LION am Markt etablieren konnte. Das Unternehmen betreibt für den Landmaschinenhersteller John Deere das einzige Zolllager außerhalb der John-Deere-Strukturen in Deutschland und hat damit ein Alleinstellungsmerkmal.
Ein weiterer wichtiger Geschäftsbereich ist der Seehafenhinterlandverkehr. Das etwas sperrige Wort steht im Grunde für einen verlängerten Arm des Schiffes – ohne den LKW zu benutzen. Ab dem Jahr 2014 wurden auf diese Weise bis zu 15.000 Container jährlich verladen. Der Standort platzte aus allen Nähten. Im Ergebnis wurden in Kodersdorf, Landkreis Görlitz, nahe der polnischen Grenze, auf sechs Hektar ein neues, echtes Containerterminal geschaffen. Zu den Kunden gehören Sachsenmilch, Citronex als einer der größten Bananenimporteure in Polen oder Birkenstock in Görlitz.
In Forst wiederum wird an der nächsten Vergrößerung geplant. Das Terminal für den kombinierten Verkehr soll um zwei Gleise und 200 Trailer-Abstellflächen wachsen. Der Seehafenhinterlandverkehr ist nach wie vor auf Erweiterungskurs.
Rasant entwickelt sich derzeit die Sparte Fullfillment. Der Begriff bezeichnet schlicht das Päckchen packen für den Amazon-Nutzer. Die Ware, erklärt Geschäftsführer Sven Noatzke, muss nicht in Hamburg umgepackt werden. „Das kann auch im Hinterland erfolgen.“ Gestartet war man mit Lagergrößen von 1000 Quadratmetern, seit April sind es 5500 Quadratmeter. Das wachsende Segment hat mittelbar wieder mit dem Strukturwandel und dem geförderten, intelligenten Ausbau der Website zu tun. Denn hierüber wird LION vermehrt von Kunden gefunden, unter anderem von der großen Vergleichs- und Datenplattform Check 24 oder vom jungen Kommunikationsunternehmen STEL.
Es war ein weiter Weg. Im Frühjahr 2003 gründete Sven Noatzke mit nur einem Lastzug für Übermaßtransporte das Einzelunternehmen LION Spezialtransport in Forst. Die Entwicklung hin zu einer Unternehmensgruppe mit globalem Engagement löste das Unternehmen nicht aus seiner Verwurzelung mit dem Wirtschaftsstandort Brandenburg, betont der Geschäftsführer. Im Gegenteil: „Ich war der erste, der bei Rock Tech Lithium in Guben angerufen hat“, unterstreicht der Forster Unternehmer die Bedeutung von gegenseitiger Vernetzung und Zusammenarbeit, auch und besonders im Strukturwandel.