Wasserstoffregion Lausitz: „Es gibt keine Lücke“
Der Standort Brandenburg steht u.a. wegen seiner Vorreiterrolle bei erneuerbaren Energien und seiner Industriefreundlichkeit im Fokus internationaler Investoren. Eine wichtige Rolle für Investor:innen und Zukunftsindustrien in der Lausitz spielt der Anschluss der Region an das nationale und europäische Wasserstoffnetz. Wirtschaftsminister Steinbach verdeutlicht, dass bereits bis 2028 erste Teile des Lausitzer Wasserstoffnetzes in Betrieb gehen. So wird ein nahtloser Übergang der Region von fossiler zu grüner Energie gewährleistet:
Sie vertreten Brandenburg in der Erarbeitung des Wasserstoffkernnetzes Deutschlands, wie steht es um die direkte Einbindung der Lausitz?
Wir vertreten den ostdeutschen Raum im nationalen Wasserstoffrat, das hat aber nur peripher mit den Planungen des Kernnetzes zu tun. Die Erarbeitung des bundesdeutschen Wasserstoff-Kernnetzes wird durch die Bundesnetzagentur gesteuert, die dazu in Kontakt mit allen 16 Bundesländern ist – eine separate Arbeitsgruppe gibt es aber nicht. Die Bundesnetzagentur hat uns ins Bild gesetzt, wie die Definition des Kernnetzes aussehen soll. Die Verabredung ist, dass die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) bis Ende Juni die Anforderungen für die jeweiligen Bundesländer, in denen sie zuständig sind, an die Bundesnetzagentur übermitteln. Diese verknüpft und harmonisiert diese Zuarbeit im 3. Quartal dieses Jahres. Nach einer Konsolidierung wird das Ergebnis dem Bundeswirtschaftsministerium zur Entscheidung vorgelegt. Für Brandenburg ist die ONTRAS zuständiger Fernleitungsnetzbetreiber. Sie war Teil eines Konsortiums, von dem das Startnetz für das Land Brandenburg mit unterschiedlichen Ausbaustufen für 2030, 2040 und 2045 erarbeitet wurde – damit sind unsere Hausaufgaben für die Definition des Startnetzes bereits erledigt. ONTRAS übermittelt diese in unserem Auftrag durchgeführte Studie als unsere Anforderung an die Bundesnetzagentur. Die Studie steht auf der Webseite unseres Ministeriums zur Verfügung und dort kann man sehen, wie die Lausitz zu welchen Zeitpunkten eingebunden wird.
Können Sie die zeitliche Dimension des Netzaufbaus skizzieren?
Der Ausbau startet mit den zwei Aorten. Zum einen ist das die Pipeline, die im „doing hydrogen“ Projekt verankert ist und bis 2028 durch die ONTRAS gebaut wird. Sie führt von Rostock am Westen von Berlin vorbei nach Sachsen und Thüringen, südlich von Berlin führt ein Abzweig nach Eisenhüttenstadt. Die zweite Leitung ist die OPAL-Trasse, die für den Erdgastransport nicht mehr benötigt und für den Wasserstofftransport umgewidmet wird. Sie verläuft entlang der polnischen Grenze und führt im ersten Schritt bis nach Jänschwalde, in den weiteren Ausbaustufen werden sowohl Schwarze Pumpe angeschlossen als auch der Anschluss für die Kraftwerke in Boxberg und Lippendorf nach Sachsen erfolgen.
Ist die Umsetzung des Netzes in der Lausitz auf die Abschaltzeitpunkte der Braunkohlekraftwerke abgestimmt oder entsteht hier eine Lücke?
Nein, da gibt es keinen Zusammenhang. Der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft wird unabhängig von der Frage des Kohleausstiegs diskutiert. Die Zeitpunkte richten sich eher nach den grundsätzlichen Meilensteinen für den Ausbau der Netze und erneuerbaren Energien, also 2030 bzw. 2045. Wir haben mit 2040 noch eine Zwischenstufe aufgenommen, dabei spielt der Kohleausstieg aber keine steuernde Rolle. Sie sehen aber in der Studie, dass Jänschwalde bis 2028 am Wasserstoffnetz angeschlossen sein wird. Es handelt sich beim Bau des Netzes um ein IPCEI-Projekt, hier müssen alle Mittel bis Ende 2028 verausgabt und abgerechnet sein. Da es sich um ein europäisches Projekt von strategischer Bedeutung handelt, wird dies auf jeden Fall und unabhängig von den aktuellen Planungen der Bundesnetzagentur realisiert. Wir sind dafür jetzt schon im Genehmigungsengineering. Es gibt also keine Lücke.
2019 sprachen Sie von 7.000 Arbeitsplätzen in der Wasserstoffwirtschaft Brandenburgs, wie viele davon werden in zehn Jahren in der Lausitz entstanden sein?
Die Zahl ist damals als Schätzung in einer Potenzialstudie gefallen. Diese Zahl ist nicht in Stein gemeißelt. Die Abschätzung hat sich am künftigen Wasserstoffbedarf und den dafür erforderlichen Leistungspotenzialen für Herstellung, Transport und Nutzung orientiert. Das war vielmehr ein Hinweis auf die wirtschaftliche Bedeutung – und auch ein etwas provokanter Fingerzeig, dass wir diese Möglichkeiten auch für die Transformation einer Energieregion strategisch nutzen sollten. Das ist mit dem Wasserstoffnetzwerk DurcH2atmen passiert, wir waren dazu gerade im Austausch und dort sind inzwischen rund 50 Projekte in der Bearbeitung. Über die Arbeitsplatzeffekte möchte ich nicht spekulieren – aber in der Lausitz tut sich viel.
Sehen Sie die Lausitz als die Wasserstoffregion Brandenburgs – oder verschieben Entwicklungen beispielsweise rund ums PCK Schwedt diesen Fokus?
Nein. Die Studie fürs Startnetz zeigt transparent, dass wir ganz Brandenburg im Blick haben. Wir planen im Augenblick für Wasserstoff das Äquivalent zu einem Übertragungsnetz im Strombereich. Hier gibt es keine Konkurrenz zwischen Regionen – die Planung richtet sich an Bedarfen aus. Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt, Cemex in Rüdersdorf und die Raffinerie in Schwedt sind selbstverständlich mitzudenken. Das ist ein Thema großer industrieller Anwendungen und keine Entscheidung „Lausitz oder Schwedt“. Die Elemente auf der Verteilnetzebene werden im nächsten Schritt geplant – auch das wird dann brandenburgweit erfolgen. Wasserstoffregionen, in denen Wasserstoff als Teil der Energiewende in vielfältigen Projekten wie Nahverkehr oder Versorgung angewandt wird, werden in verschiedenen Teilen des Landes entstehen. Die Lausitz ist durch das Netzwerk DurcH2atmen bereits sehr gut aufgestellt.
Danke für das Gespräch.
Weitere Infos:
Hier geht es direkt zur Studie zum Auf- und Ausbau eines leistungsfähigen Wasserstofftransportnetzes in Brandenburg inkl. der brandenburgischen Lausitz: https://mwae.brandenburg.de/media/bb1.a.3814.de/Studie_Wasserstofftransportnetz_Bbg_(Stand_02_2023).pdf