Die Leichtbauforschung in der Lausitz - das klingt komplex. Doch die Ergebnisse sind überraschend lebensnah. Sie bringen sogar Wettbewerbsvorteile für Radsportler in Cottbus, eine sportliche Hochburg der Stadt. Leichtbau wird als Schlüssel zur Bewältigung vieler Herausforderungen begriffen. Deshalb ist der wiederkehrende Leichtbauworkshop so wichtig, der 2024 am 14. und 15. März stattfand.
“Die Lausitz ist und bleibt eine Energieregion - Und Leichtbau ist untrennbar mit der Energiewende verbunden”, so Prof. Holger Seidlitz von der BTU. Seidlitz ist eine zentrale Figur im Leichtbau-Netzwerk, regional und überregional. Ein wesentlicher Aspekt der Leichtbauforschung ist ihm zufolge die werkstoffübergreifende Entwicklung von innovativen Lösungen. Dabei werden Kunststoffe und Metalle intelligent kombiniert, um maximale Leichtbaueffekte bei minimaler Ressourcennutzung zu erzielen. Diese Ansätze tragen nicht nur zur Effizienzsteigerung bei, sondern auch zur Schonung von Ressourcen und zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Das Institut von Holger Seidlitz widmet sich dieser werkstoffübergreifenden Aufgabe. Der Professor für Polymerbasierten Leichtbau an der BTU Cottbus-Senftenberg leitet den Forschungsbereich "Polymermaterialien und Composite PYCO" des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP. In modernen Laboren und Forschungshallen arbeiten rund 100 Mitarbeitende mit ihm an verschiedenen Leichtbau-Projekten. “Wir sind so mittlerweile eine ernstzunehmende Größe in der Leichtbau-Community geworden.“
Holger Seidlitz sieht eine Verbindung zwischen dem Erfolg der regionalen Leichtbauforschung und dem Strukturwandel. Durch die Entwicklung ressourcenschonender Technologien und die Schaffung neuer Geschäftsmodelle trage die Forschung dazu bei, die regionale Wirtschaft nachhaltig zu stärken. Die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Sicherung von Fachkräften spiele dabei eine entscheidende Rolle. So habe sich die Leichtbauforschung in der Lausitz nicht nur als Wissenschaftszweig etabliert, sondern auch als Motor für die wirtschaftliche Entwicklung in der Region. Die Synergien zwischen Leichtbau und Strukturwandel sind jedoch keine Einbahnstraße: Seidlitz beobachtet, wie die steigende Relevanz der Energiewende und die Suche nach Lösungen die Forschung vorantreiben. Der Bedarf an innovativen Lösungen und Projektpartner*innen werde dadurch immer größer.
“Dass die Energiepreise gestiegen sind, ist für niemanden ein Geheimnis. Durch den Einsatz von leichten Materialien, wie Kohlefaser in der Automobilbranche, können Fahrzeuge deutlich effizienter werden, was wiederum zu einer Verringerung der Treibhausgasemissionen beiträgt. Insbesondere Elektrofahrzeuge profitieren von der Gewichtsreduktion, da sie dadurch eine längere Reichweite erzielen können.” Dies trägt dazu bei, den CO2-Ausstoß zu verringern und den Einsatz erneuerbarer Energien voranzutreiben. Und das ist nur ein Beispiel. Auch in der Luft- und Raumfahrt können ähnliche Effekte erzielt und der CO2-Fußabdruck reduziert werden. Insgesamt wird die Leichtbautechnologie der Zukunft somit nicht nur die Umweltbilanz verbessern, sondern auch einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Herausforderungen im Zusammenhang mit der Energiewende leisten.
Aber wie lebensnah die Leichtbauforschung in der Lausitz wirklich. Prof. Holger Seidlitz hat dafür zahllose Beispiele. Eines davon betrifft den Cottbuser Radsport. Mit seinem Team hat er die Cottbuser Sporthochburg in den vergangenen Jahren mehrmals unterstützt. Für regionale Radsportler*innen wurden innovative Technologien entwickelt, die einen entscheidenden Vorteil im Wettkampf verschaffen können. Ein solches Projekt war zum Beispiel die Entwicklung maßgeschneiderter Schuhe. Durch die genaue Erfassung des nackten Fußes eines Sportlers mittels eines 3D-Erfassungsgeräts konnten individuell angepasste Schuhe hergestellt werden, die einen optimalen Krafttransfer vom Fuß zur Pedale ermöglichen, ohne dabei Energie zu verlieren.
Darüber hinaus wurden auch Fahrradcockpits speziell für Sportler*innen entwickelt. “Trampeln muss man natürlich immer noch, aber wir konnten die Technik unter Strömungssimulationen so optimieren, dass eine maximale Aerodynamik während der Fahrt gewährleistet wird”, erklärt Prof. Holger Seidlitz. Solche Projekte verdeutlichen, wie die Leichtbauforschung der Lausitz nicht nur auf große industrielle Vorhaben abzielt, sondern auch innovative Lösungen für die Menschen in der Praxis hervorbringt. Bei den nächsten Paralympics im Sommer 2024 wird auch ein Sportler mit solch einem Cockpit für Deutschland antreten. Das gesamte Institut drückt die Daumen.
Genau diese Vielfalt und die Möglichkeit, täglich neue Herausforderungen anzugehen, machen die Leichtbauforschung für Holger Seidlitz so faszinierend. ”Jedes Projekt ist anders, und es gibt nichts von der Stange. Man muss sich immer neu eindenken. Durch innovative Lösungen kann man einen nachhaltigen Beitrag zur Zukunftsgestaltung leisten.”
Die Leichtbauforschung in der Lausitz ist schon lange nicht nur Zeuge des Strukturwandels, sondern ein aktiver Gestalter einer vielversprechenden Zukunft. Darum ging es auch beim 18. Cottbuser Leichtbauworkshop am 14. und 15. März 2024. Diese Konferenz ist ein Paradebeispiel dafür, wie Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können. Durch die enge Zusammenarbeit von Forschungseinrichtungen, Unternehmen und der Politik wird die Region zu einem Vorreiter auf dem Gebiet des Leichtbaus und setzt damit ein deutliches Zeichen für die Zukunftsfähigkeit des Strukturwandels in der Lausitz. Prof. Seidlitz freute sich auf den Austausch mit Unternehmer*innen. “Wir sind bestrebt, grundlagenhaftige Probleme zu lösen, damit die dann in die Anwendung kommen und bei den Unternehmen eben auch dienlich und hilfreich sind.” Die Konferenz schlug damit eine Brücke zwischen theoretischer Forschung und praktischer Anwendung. Durch Vorträge, Diskussionen und Networking bot sie die Gelegenheit, Synergien zu schaffen und den Wissenstransfer zu fördern.